Anfrage Sozialgericht, Frau, 53 Jahre, Schlauchmagen

Beweisfragen:

1) Welche Nährstoffe muss die Klägerin nach der bei ihr durchgeführten Magenoperation zu sich nehmen? Bitte führen Sie alle einzunehmenden Nährstoffe einzeln auf und benennen Sie auch die jeweilige Menge.

2) Aus welchem Grund werden die Nährstoffe nicht ärztlich verordnet? Besteht die Möglichkeit, einer Unterversorgung durch verschreibungsfähige Arzneimittel entgegenzuwirken?

3)Ist die Klägerin lebenslang auf die zusätzliche Einnahme dieser Nährstoffe angewiesen oder besteht die Möglichkeit, dass sie nach gewisser Zeit wieder ausreichend Nährstoffe über die natürliche Ernährung zu sich nehmen kann?

4) Welche Folgenhätte die Nichteinnahme der Nährstoffe?

5) fallen bei dieser Form der Ernährung Ihrer Erfahrung nach höhere Kosten an als bei einer Vollkosternährung? Oder werden die zusätzlichen Kosten dadurch ausgeglichen, dass grundsätzlich auch weniger Nahrung zu sich genommen werden kann?


 

Antwort:

 

1) Die Klägerin muss folgende Nährstoffe regelmäßig zu sich nehmen:

Vitamine A, B1, B2, B3, B6, C, E und Folsäure in der Menge von jeweils 200% RDA

Vitamin D3 (Colecalciferol) in der Menge von 3000 IE täglich

Jodid 150 mcg

Kupfer, Selen, Zink, Chrom in der Menge 200% RDA

Vitamin B12 in der Menge von 100 mcg täglich oder 1000 mcg als Spritze monatlich

Eisen in der Menge von 20 - 100 mg täglich

Calcium in der Menge von 2 x 500 mg täglich als Calciumcitrat

Eiweiß als Pulver oder Getränk etwa 30 g täglich

 

2) Die Nährstoffe werden am Markt sowohl als Arzneimittel mit einer Pharmzentralnummer (PZN) als auch als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Die Präparate mit einer PZN sind sämtlich nicht rezeptpflichtig. Sie dürften nur dann zu Lasten der GKV verschrieben werden, wenn eine Ausnahme vom Verordnungsausschluss in der Anlage I zum Abschnitt F der Arzneimittelrichtlinie formuliert wäre. Dies ist nicht der Fall. Präparate ohne PZN sind von der Definition her Nahrungsergänzungsmittel und keine Medikamente. Damit ist eine Verordnung zu Lasten der GKV von vornherein ausgeschlossen.

 

3) Die Klägerin ist lebenslang auf die Einnahme der Nahrungsergänzungsmittel angewiesen. Die Stoffe werden über regelmäßige Blutuntersuchungen überwacht. Je nach Ergebnis der Laboranalysen werden die Dosierungen angepasst. Die unter 1) genannten Dosierung sind Werte für den Beginn der Supplementation. Im Verlauf können sich die Empfehlungen ändern.

 

4) Bei Unterlassen der Supplementation drohen u. a. folgende Gesundheitsschäden:

- Augenschäden und Nachtblindheit durch Vitamin A-Mangel

- Osteomalazie (Knochenerweichung) durch Vitamin-D-Mangel

- Beri-Beri bzw. Wernicke-Enzephalopathie durch Vitamin B1-Mangel (schwere

  neuropsychiatrische Schäden)

- Pellagra durch Vitamin-B3-Mangel (hautschäden und neuropsychiatrische Symptome)

- Anämie und Neuropathie durch Vitamin B12- und Folsäuremangel

- Anämie und Adynamie durch Eisenmangel

- Skorbutartige Symptome durch Vitamin C-Mangel

 

5) Meine Schätzungen und Umfragen bei den Patienten haben ergeben, dass für die Nahrungsergänzungsmittel 80 € bis 100 € monatlich eingesetzt werden müssen. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Kosten durch Einsparungen von Lebensmitteln ausgeglichen werden können, zumal die Ernährung vollwertig und eiweißreich sein soll.

 

Belege:

 

S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen

Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Version 2.3 (Februar 2018) AWMF-Register Nr. 088-001

https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/088-001l_S3_Chirurgie-Adipositas-metabolische-Erkrankugen_2018-02.pdf